Das Experiment

Die Verwendung von materiellen Speichergefäßen, wie in bisherigen Experimenten verwendet, hat zum Nachteil, dass die Neutronen mit den Wänden wechselwirken.

Das Magnetfeld in τSPECT. Rot: longitudinales Feld (supraleitende Spulen), blau: Feld des magnetischen Multipols (Permanentmagnete). Die Überlagerung des niedrigen Feldes in der Mitte ist der Aufenthaltsbereich der Neutronen während der Speicherung.

Zusätzlich zum Zerfallskanal können Neutronen daher beispielsweise durch Absorption verloren gehen oder durch sogenanntes thermisches upscattering Energie gewinnen, wodurch sie nicht mehr ultrakalt sind und das Speichergefäß verlassen können. Das Ergebnis wäre eine kürzere gemessene Lebensdauer. Daher sollen in τSPECT statt materiellen Wänden Magnetfelder zum Einsatz kommen. Da das Neutron einen Spin besitzt, kann es durch das daraus resultierende magnetische Moment mit Magnetfeldern wechselwirken. Über die Stern-Gerlach-Kraft erfährt das Neutron eine beschleunigende bzw. abbremsende Kraft je nach Ausrichtung des Spins im Magnetfeld. Der bevorzugte Aufenthaltsbereich in hohen bzw. niedrigen Magnetfeldern verleiht den Neutronen dann den Namen High Field Seeker bzw. Low Field Seeker. In τSPECT setzt sich das Feld zur Speicherung zusammen aus einem longitudinalen Feld, welches durch supraleitende Spulen erzeugt wird (diese Feldkonfiguration stammt noch aus dem Vorgängerexperiment aSPECT), sowie einem magnetischen Multipol aus Permanentmagneten, welcher ein radial ansteigendes Feld erzeugt. Hiermit sind Neutronen mit bis zu 60 neV kinetischer Energie speicherbar.

 

Experimenteller Ablauf

Die Neutronen werden über Edelstahlrohre von der UCN-Quelle zum Experiment geleitet und dort spinpolarisiert, sobald sie in den Randbereich des longitudinalen Feldes gelangen. Die High Field Seeker werden in den ersten Bereich hohen Feldes beschleunigt. Da diese allerdings nicht speicherbar sind, müssen sie durch einen Spinflip in Low Field Seeker umgewandelt werden. Dies geschieht durch ein transversal eingestrahltes Magnetfeld, welches mit einer RF-Spule (Spinflipper) erzeugt wird. Sobald die Neutronen im Speichervolumen gefangen sind, wird der Spinflipper durch einer Verfahrmechanik aus dem Randbereich des Speichervolumens herausgezogen. Ab jetzt beginnt die Speicherzeit. Anschließend wird von der gegenüberliegenden Seite des Experiments ein Neutronendetektor in das Speichvolumen hineingefahren, welcher die verbliebenen Neutronen zählt. Aus dem exponentiellen Abfall der gemessenen Neutronenzahl mit zunehmender Speicherzeit wird dann die Lebensdauer extrahiert.

 

 

Optimierung des Füllprozesses

In der ersten Phase des Experiments soll die Neutronenlebensdauer mit einer Genauigkeit von 1 s bestimmt werden. Die insgesamt benötigte Messzeit wird hier im Wesentlichen von der Anzahl Neutronen bestimmt, die pro Einzelmessung in der Falle gespeichert werden können. Daher muss der Füllprozess - also wie effizient die Umwandlung von High Field Seekern in Low Field Seeker funktioniert - optimiert werden. Hierzu gehört beispielsweise eine Optimierung der RF Leistung des Spinflippers oder der Polarisation des eingestrahlten Magnetfeldes.

Durch den Einsatz einer zusätzlichen RF Spule Ende 2020 konnte die Anzahl speicherbarer Neutronen noch weiter erhöht werden, da nun Low Field Seeker aus einem dichter besetzten höherenergetischen Bereich in einem zweistufigen Prozess abgebremst werden.

 

Cleaning des Neutronenspektrums

In der Magnetfalle können Neutronen mit einer maximalen Energie, die durch die Stärke des Magnetfeldes vorgegeben ist, gespeichert werden, da diese an den Potentialwänden unter allen Einfallswinkeln reflektiert werden. Neutronen mit etwas höheren Energien können allerdings ebenfalls reflektiert werden solange sie unter genügend kleinen Einfallswinkeln auf das Magnetfeld treffen. Solche sogenannten marginal gespeicherten Neutronen können sich für vergleichsweise lange Zeiten (Größenordnung 100 s) in der Falle aufhalten bis sie entkommen. Für Speichermessungen zur Bestimmung der Lebensdauer bedeutet das einen zusätzlichen Verlustkanal, da diese marginal gespeicherten Neutronen in Messungen mit kurzen Speicherzeiten noch enthalten sind, in Messungen mit langen Speicherzeiten allerdings nicht.
Man muss also entweder die Zeitkonstante, mit der die marginal gespeicherten Neutronen die Falle verlassen, genau kennen und in der späteren Analyse miteinbeziehen, oder vor Beginn der eigentlichen Speicherung die marginal gespeicherten Neutronen aus der Falle entfernen.

Im τSPECT Experiment geschieht dies durch sogenanntes 'Cleaning': Hierfür wird der Detektor kurz nach dem Füllen an den Rand der Magnetfalle gefahren. Nur solche Neutronen, die genügend kinetische Energie besitzen können den Detektor in dieser Position erreichen und somit aus der Falle entfernt werden. Neutronen mit einer niedrigen Energie verbleiben in der Falle. Anschließend wird der Detektor wieder zurückgefahren und die eigentliche Speicherzeit beginnt.

Die Qualität des Cleanings wird im Wesentlichen von drei Faktoren bestimmt: Der Position des Detektors im Magnetfeld, der Dauer des Cleanings und der Trajektorien der marginal gespeicherten Neutronen.

 

Status

Erste magnetische Speichermessungen wurden im September 2019 erfolgreich durchgeführt. Seitdem wurde der Füllprozess unter Verwendung des einfachen Spinflips auf maximale Effizienz opitimiert. Zurzeit erfolgt eine Optimierung des Füllprozesses mittels doppelten Spinflips sowie eine Optimierung des Cleanings.